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Bundesrat senkt BVG-Mindestzinssatz auf 1,5%

Mittwoch, 02.11.2011

Der Bundesrat hat beschlossen, den BVG-Mindestzinssatz auf den 1. Januar 2012 von 2% auf 1.5% zu reduzieren. Den schweizerischen Versicherungsgesellschaften geht das zu wenig weit. Sie sehen die berufliche Vorsorge in Gefahr.

Der Bundesrat hat den Zinssatz für die Mindestverzinsung der Pensionskassenguthaben von 2% auf 1,5% herabgesetzt. Wie Artikel 15 des Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG) vorschreibt, muss der Bundesrat den Mindestzinssatz im Minimum alle zwei Jahre überprüfen. Er konsultiert dazu die Eidgenössische Kommission für berufliche Vorsorge (BVG-Kommission) und die Sozialpartner, etwa Gewerkschaften, den Arbeitgeberverband, den Schweizerischen Pensionskassen- und den Schweizerischen Versicherungsverband.

Der Mindestzinssatz wurde zwar schon im letzten Jahr überprüft, dann aber noch bei 2% belassen. Angesichts des volatilen Marktumfeldes wurden die Sozialpartner dieses Jahr erneut konsultiert. Dabei sprach sich die Mehrheit für eine Senkung des Mindestzinssatzes aus, wobei sie einen noch tieferen Zinssatz monierte. Zum Vergleich: Zwischen 1985 und 2002 lag der BVG-Mindestzinssatz bei 4%.

Reduktion des Mindestzinssatzes ist gerechtfertigt

Entscheidend für die Höhe des Mindestzinssatzes sind vor allem der langfristige Renditedurchschnitt der Bundesobligationen sowie die Entwicklung der Aktien, Anleihen und Liegenschaften. Mit der Anpassung des Satzes wird der negativen Entwicklung und den aktuellen Schwankungen der Finanzmärkte angemessen Rechnung getragen, wie das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) schreibt.

Die Berechnungsmethode der BVG-Kommission kombiniert weitgehend risikolose mit risikoträchtigen Anlagen. Als Ausgangspunkt der Überlegungen diente wie bereits im Vorjahr der langfristige gleitende Durchschnitt der Rendite der 7-jährigen Bundesobligationen. Dieser gleitende Durchschnitt entspricht einem Obligationenportfolio, dessen Rendite fast risikolos erreichbar ist. Zusätzlich berücksichtigt werden der Pictet BVG Index 93 sowie der IPD Wüest & Partner Index, welche Aktien, Anleihen und Liegenschaften enthalten.

Die 2009 von der Mehrheit der BVG-Kommission dem Bundesrat empfohlene Formel ergibt per Ende Oktober einen Wert von 1.5%. Zu beachten sei ausserdem, dass die Aktienmärkte in diesem Jahr eine ausserordentlich negative Entwicklung mit hohen Schwankungen aufweisen würden, wie das BSV anmerkt. Der Swiss Market Index habe 2011 etwa per Ende Oktober rund 11% verloren. Auch seien die aktuellen Zinssätze für Bundesobligationen auf rekordtiefem Niveau. Eine Anpassung des Satzes sei demnach gerechtfertigt.

Sozialpartner votierten mehrheitlich für tieferen Zinssatz

Die BVG-Kommission empfahl dem Bundesrat an ihrer Sitzung vom 1. September 2011 einen Mindestzinssatz von 1,5%. Die Vorschläge reichten von 1% bis 2%. Die Gewerkschaften hingegen propagierten bei ihrer Konsultation einen Mindestzinssatz von 2% bis 2,25%. Die Arbeitgeberverbände wiederum votierten für einen Satz von 1,25% bis 1,75% und der Schweizerische Versicherungsverband (SVV) sprach sich gar für eine Senkung auf 1% aus.

Vorsorgeeinrichtungen müssen Versichertenansprüche erfüllen können

Wie der SVV in einer Mitteilung erklärt, sei der Mindestzinssatz eine Garantie und ein Anspruch der Versicherten gegenüber der Vorsorgeeinrichtung. Er müsse deshalb so festgelegt werden, dass er für die Vorsorgeeinrichtung auch zu erreichen sei. In den vergangenen Jahren sei das leider nicht der Fall gewesen. Die kumulierte BVG-Mindestverzinsung habe in den letzten sechs Jahren 13,6% betragen, die kumulierte Performance der Vorsorgeeinrichtungen hingegen nur rund 4,8%.

Bei tiefen Zinsen und dazu vergleichsweise hohen Renditevorgaben bestehe die Gefahr, dass die Vorsorgeeinrichtungen mit einer Anlagestrategie operierten, welche ihre Risikofähigkeit übersteige. Mit einem (noch) tieferen Mindestzinssatz hätte der Bundesrat nun ein klares Signal für die finanzielle Sicherheit der beruflichen Vorsorge setzen können.

Versicherer sehen berufliche Vorsorge in Gefahr

Seit der Volksabstimmung über den BVG-Umwandlungssatz am 7. März 2010 werde immer wieder auf die Bedeutung des Vertrauens in die berufliche Vorsorge hingewiesen. Die wichtigste und zwingend notwendige Voraussetzung dafür sei die finanzielle Sicherheit der Vorsorgeeinrichtungen. Diese werde jedoch je länger desto stärker gefährdet, wie der SVV erklärt.

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