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«Bei einem Ja zur Goldinitiative wären Rezessionen wahrscheinlicher als heute»

Donnerstag, 27.11.2014

Nationalbankpräsident Thomas Jordan ist klar gegen die Goldinitiative. Für die Stabilität des Frankens spiele der Anteil Gold in der SNB-Bilanz keine Rolle. Wohl aber für die Wirtschaft – da er die Handlungsfähigkeit der SNB einschränken könne.

Am kommenden Wochenende stimmt die Schweizer Stimmbevölkerung über die so genannte Goldinitiative unter dem Titel „Rettet unser Schweizer Gold“ ab. Sollte die Initiative angenommen werden, wird in der der Schweizerischen Bundesverfassung festgehalten, dass die Schweizerische Nationalbank (SNB) mindestens 20% ihres Vermögens in Gold halten muss und die Goldreserven nur noch in der Schweiz gelagert und nicht mehr verkauft werden dürfen. Dagegen wehrt sich SNB-Präsident Thomas Jordan, wie er in einem Interview gegenüber der «SonntagsZeitung» am 16.11.2014 äusserte.

Ausschlaggebend ist nicht der Goldbestand sondern die Geldpolitik

Die Frage, ob das Halten von so viel Gold geldpolitisch nötig sei, verneint Thomas Jordan klar. Für die Preisstabilität, also die Verhinderung einer Inflation oder einer Deflation, und für die Stabilität des Schweizer Frankens spiele der Anteil Gold in der Bilanz der SNB keine Rolle. Ausschlaggebend sei vielmehr die Geldpolitik, also die Massnahmen, welche die SNB ergreife, um ihre Ziele zu erreichen. Und mit diesen habe die SNB Erfolg gehabt. So sei es ihr in den letzten 20 Jahren gelungen, die Inflation im Schnitt unter 1% zu halten. Früher habe die SNB viel mehr Gold als heute besessen, die Inflation sei aber viel höher gewesen.

System des Goldstandards hatte grosse Mängel

Auch die Unsicherheit angesichts der Krise in Europa würde laut Jordan durch einen erhöhten Goldanteil der Nationalbank nicht schwinden. Es sei denn, man würde wieder einen Goldstandard einführen. Das würde bedeuten, dass jedermann einen Frankenbetrag jederzeit in Goldmünzen umtauschen könne. Die Vergangenheit habe aber gezeigt, dass auch dieses System grosse Mängel habe und nie die Stabilität schaffe, die man sich davon erhoffe.

Der Nationalbank fixe Anteile für bestimmte Aktiva vorzuschreiben macht wenig Sinn

Letztlich sei es generell wenig sinnvoll, einer Nationalbank fixe Anteile für bestimmte Aktiva vorzuschreiben, wie Jordan betont. Diese Vorgabe der Initiative habe indes weniger negative Auswirkungen. Die SNB müsse statt Dollar und Yen dann einfach mehr Gold halten. Bei Bedarf, wenn sie die Bilanz wieder verkürzen wolle, könne sie es verkaufen. Die von den Initianten geforderte Verbindung des Mindestanteils mit einem Verkaufsverbot von Gold sei jedoch fatal, weil die SNB längerfristig fundamental eingeschränkt würde.

Sie könnte die Geldmenge nicht mehr ausreichend zurückfahren

Es sei zwar richtig, wie die Initianten sagten, dass die Nationalbank auch bei Annahme der Goldinitiative so viele Devisen kaufen könne wie sie wolle. Sie müsse dann aber gleichzeitig Gold zukaufen. Jordan belegt dies mit einem Beispiel: Die SNB habe jetzt eine Bilanzsumme von etwas mehr als 500 Milliarden Franken. Müsse sie nun für 100 Milliarden Franken Devisen kaufen, um auf eine neue Krise zu reagieren, wäre die Bilanz danach 600 Milliarden Franken gross. Davon müsse sie gemäss Goldinitiative 20% Gold halten. Die SNB wolle die Bilanz längerfristig aber wieder verkürzen, also Aktiva verkaufen. Wegen der Goldinitiative habe sie aber unverkäufliches Gold für einen Betrag in der Bilanz, der höher sei als es die Bilanz der SNB vor der Finanzkrise gewesen sei. Damals war die Bilanz nur rund 100 Milliarden Franken gross. Sie könne die Geldmenge dann aber nicht mehr ausreichend zurückfahren.

Die Grösse der Bilanz steht in Zusammenhang mit der Preisstabilität

Ist die Bilanz der Nationalbank gross, birgt das entsprechende Risiken, wie Jordan weiter ausführt. So könne es einen grossen Gewinn oder auch einen grossen Verlust geben, wenn sich die Bewertung ändere. Der Grund, dass die Bilanz nach der Finanzkrise ausgedehnt worden sei, habe mit der Notwendigkeit im Hinblick auf die Preisstabilität zu tun. In den meisten Fällen führe eine auf Preisstabilität ausgerichtete Geldpolitik dazu, dass auch die Finanzstabilität aufrechterhalten werde, etwa die Stabilität des Bankensystems. Es gebe aber auch Ausnahmen. In diesen Fällen brauche es zusätzliche Massnahmen, so genannte makroprudenzielle Instrumente. Mit ihnen könnten Exzesse korrigiert werde. Letztlich müsse eine Verkürzung der Bilanz aber dann vorgenommen werden, wenn es ein Inflationsrisiko gebe. Wann das sein werde, sei sehr schwierig vorherzusagen. Im Moment habe die SNB allerdings eher das gegenteilige Problem.

Die Annahme der Goldinitiative würde Rezessionen begünstigen

Die Forderung der Initianten, die SNB möge sich weniger um Europa und wieder mehr um die Schweiz kümmern, weist Jordan als «fundamentales Missverständnis» zurück. Die Nationalbank kümmere sich ausschliesslich um die Schweiz. Weil die SNB den Mindestkurs des Frankens zum Euro eingeführt habe, heisse das nicht, dass sie stärker an das Schicksal Europas gebunden sei. Die Schweiz habe aber ein Interesse daran, dass es Europa gut gehe, da dies ihr wichtigster Handelspartner sei.

Die Frage, ob es bei Annahme der Goldinitiative zu einer Rezession komme, bejaht Jordan. Bei einem Ja wäre das Führen einer optimalen Geldpolitik erschwert. Rezessionen wären darum wahrscheinlicher als heute. Die Handlungsfähigkeit der Nationalbank würde geschwächt. Das führe auch zu höherer Arbeitslosigkeit.

Bei einem Ja würde die SNB zum Spielball von Spekulanten

Für Gold-Spekulanten könne es zudem fast nichts Besseres geben, als zu wissen, dass jemand für rund 70 Milliarden Franken Gold kaufen müsse und dieses danach nie mehr auf den Markt bringen könne, wie Jordan ergänzt.

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