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Banken können ihr Wachstumspotenzial nur erreichen, wenn sie sich den wandelnden Kundenwünschen im digitalen Zeitalter anpassen

Montag, 18.04.2016

Ein Grossteil der Banken ist auf Fintech noch nicht ausreichend vorbereitet. Gleichzeitig nutzen weltweit bereits fast zwei Drittel aller Bankkunden Fintech-Produkte oder -Dienstleistungen. Die Fintech-Unternehmen holen entsprechend auf.

Fintech-Unternehmen verzeichnen einen grossen Kundenzulauf. Ein Grossteil der Banken weltweit gibt hingegen an, auf Fintech noch nicht ausreichend vorbereitet zu sein. Zu diesem Ergebnis kommt der «World Retail Banking Report 2016» von Capgemini und Efma.

Banken stimmen zu, dass sich der Sektor technologisch verändern wird

Rund 96% der Bankenmanager stimmen zu, dass sich der Bankensektor in Richtung eines digitalen Systems entwickeln wird, in dem Finanztechnologie eine bedeutende Rolle spielt. Tatsächlich nutzen weltweit mittlerweile fast zwei Drittel (63%) aller Bankkunden Fintech-Produkte oder -Dienstleistungen. In der Schweiz nutzen fast 64% der Kunden Fintech-Produkte. Dagegen bestätigen nur 13% der Bankenmanager, ein entsprechendes System im Einsatz zu haben, das diese Entwicklung mitträgt.

Kundenwünsche scheinen den Banken fremd

Fintech-Anbieter sind laut Studie besonders in den aufstrebenden Märkten und unter jüngeren Kunden verbreitet. Aus Kundensicht sind die Dienste leicht zu bedienen (82%), bieten einen schnellen Service (81%) und ein gutes Kundenerlebnis (80%). Banken hingegen haben eine andere Sicht auf diese von den Kunden genannten Vorteile. So stimmt weniger als die Hälfte (40%) der Banken zu, dass Fintechs ein gutes Kundenerlebnis bieten (ein Unterschied von 40 Prozentpunkten). Dass sie einen schnellen Service liefern, bestätigen sogar nur 36% der Banken (ein Unterscheid von 45 Prozentpunkten).

Interessanterweise sind die Kunden (55%) aber eher dazu bereit, Freunden und Familie ihren Fintech-Anbieter zu empfehlen, als ihre Bank (38%). Auch in der Schweiz würden 54% eher ihren Fintech-Anbieter als ihre Bank (43%) weiterempfehlen.

Kundenerfahrungen mit der Bank haben sich verbessert

Nichtsdestotrotz hat sich das Kundenerlebnis mit der Bank in über 85% der untersuchten Länder verglichen zum Vorjahr verbessert. Dieses spiegelt sich im Capgemini Customer Experience Index (CEI) wider, wonach das Kundenerlebnis weltweit um 2,9 Punkte gestiegen ist.

In der Schweiz stieg der Wert um 6,3 Punkte auf 80 Punkte (von 100 möglichen) an. Da sich der Anteil der Bankkunden mit positiven Erfahrungen hier um 9,9 Prozentpunkte erhöht hat, konnte sich die Schweiz in diesem Jahr von Platz 14 auf Platz 5 (von 32 Ländern im Index) steigern.

Fortschritt lässt sich nicht gewinnbringend umsetzen

Dennoch lässt sich dieser Fortschritt nicht greifbar in gewinnbringendes Kundenverhalten, wie Kundenbindung, Weiterempfehlungen oder den Verkauf zusätzlicher Dienstleistungen, übertragen. So sind beispielsweise weltweit lediglich 16% und in der Schweiz nur 10% der Kunden gewillt, zusätzliche Dienstleistungen ihrer Bank in Anspruch zu nehmen.

Fintechs befinden sich auf der Überholspur

Banken selbst sehen Vertrauen als ihre grösste Stärke (70%) an. Zwar sprechen mehr Kunden den Banken ihr volles Vertrauen aus, aber das Bild wendet sich, wenn man zum vollen Vertrauen den Anteil dazurechnet, der nur zu einem gewissen Mass Vertrauen hat. 

Dementsprechend holen die Fintech-Unternehmen auf: Über alle untersuchten Regionen hinweg geben mehr als 88% der befragten Kunden an, ihrem Fintech-Provider voll oder zumindest in einem gewissen Masse zu vertrauen. Während 90% der Bankenmanager registriert, dass die Geschwindigkeit des Wandels zunimmt, fühlt sich nur weniger als ein Viertel in Sachen Agilität und Innovationsfähigkeit den Fintechs überlegen.

Banken sollten mit Fintechs zusammenarbeiten

«Wenn es den Banken nicht gelingt, innovativer zu werden, dann werden Fintech-Anbieter diese Kunden gewinnen», ist Tobias Wolf, Leiter Bankenberatung Schweiz bei Capgemini Consulting, überzeugt. Er empfiehlt den Banken, mit den Fintechs zusammenzuarbeiten. «Dafür müssen die Banken jedoch schneller werden und handeln, bevor sich das Zeitfenster im rasch entwickelnden Umfeld wieder schliesst», fügt Wolf an.

Um auf die Bedrohung, die diese Unternehmen für traditionellere Bankengeschäftsmodelle darstellen, reagieren zu können, erachten es fast zwei Drittel der Führungskräfte in Banken als notwendig, Fintechs als Partner zu betrachten. Dabei geht die Mehrheit der Strategien zur Bankenentwicklung in Richtung Zusammenarbeit (46%) und Investment (44%). Weniger als ein Fünftel (18%) spricht von Plänen zur Akquisition einer Fintech-Firma oder ihrer Technologie.

«Die Bereitschaft, sich mit Fintechs zusammenzuschliessen, ist ein Zeichen dafür, dass Banken selbst oft nicht in ausreichendem Masse auf eine digitale Zukunft vorbereitet sind», erklärt Vincent Bastid, Secretary General, Efma. «Partnerschaften mit diesen Unternehmen liefern Banken die dringend benötigte Orientierungshilfe in Sachen Produktentwicklung, und helfen Ihnen dabei, ihre Rolle im aktuellen Bankenumfeld festzulegen».

Banken und Fintechs sollten Kundenerlebnis gemeinsam verbessern

Banken und Fintechs besitzen komplementäre Stärken, die genutzt werden sollten, um das Kundenerlebnis im Finanzbereich zu verbessern, so die Autoren. Während sich Fintechs durch Agilität, Innovation und die Anwendung neuer Technologien auszeichnen, haben Banken Kapital, eine weitreichende Kundenbasis und Expertise im Umgang mit Regulatoren.

Laut Studie müssen Banken "umfassender denken", wenn sie die sich wandelnden Kundenwünsche im digitalen Zeitalter erfüllen wollen. Höchste Priorität wird sein, die Kernsysteme neuzugestalten und in der Application Programming Interface (API)-basierten Softwareentwicklung volle Kompetenzen aufzubauen. «Banken werden ihr volles Wachstumspotenzial nur erreichen, wenn sie auch die wachsende Rolle von Fintech akzeptieren und Kooperationswege finden, während sich das digitale Finanznetzwerk weiterentwickelt», lautet das Fazit der Autoren.

Zur Studie

Der World Retail Banking Report 2016 beruht auf Daten von mehr als 16‘000 Kunden aus 32 Ländern und ist damit eine der grössten Studien ihrer Art zum Thema Kundenerlebnis. Neben den Ergebnissen der Kundenbefragung wertet der Report auch qualitative Daten von ausführlichen Interviews mit Bankenmanagern aus.

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