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BAKBASEL rechnet nicht vor 2017 mit einer deutlichen Wirtschaftserholung

Dienstag, 08.12.2015

Die Schweizer Wirtschaftsdynamik dürfte im Winterhalbjahr 2015/16 weiterhin bescheiden ausfallen. Zwar gaben die Oktober Exporte Grund zur Hoffnung. Viele Unternehmen haben den Frankenschock aber noch nicht überwunden.

Der Frankenkurs bleibt 2016 ein Wachstumshindernis für die Schweizer Wirtschaft. Der hohe Margendruck zwingt viele Unternehmen zu Sparmassnahmen, was sich 2016 in einer sehr verhaltenen Investitionstätigkeit widerspiegeln wird. Vom Aussenhandel ist wegen der anhaltenden Frankenstärke vorerst ebenfalls wenig Rückenwind zu erwarten, wenngleich sich die Absatzchancen der Schweizer Exporteure aufgrund der erwarteten Belebung in den Industriestaaten im Jahresverlauf 2016 nach und nach aufhellen.

Binnenkonsum stützt Wachstum, Bauinvestitionen schwächen es

Ein wichtiger Wachstumspfeiler bleibt die Binnennachfrage, nicht zuletzt da der wechselkursbedingte Kaufkraftgewinn und die niedrigen Rohstoffpreise den privaten Konsum stützen. Die ebenfalls stark binnenwirtschaftlich getriebenen Bauinvestitionen werden jedoch 2016 wie schon 2015 schrumpfen, da der Bausektor nach dem Boom der letzten Jahre derzeit eine temporäre Konsolidierungsphase durchschreitet. Insgesamt prognostiziert BAKBASEL für 2016 ein reales Wachstum des Bruttoinlandprodukts von 1.1% (2015: +0.7%).

Schweizer Wirtschaft soll 2017 wieder kräftiger expandieren

Im Jahr 2017 werden die anziehende globale Konjunktur sowie die Abwertung des Frankens in Richtung 1.15 CHF/Euro eine wieder kräftigere Expansion der Schweizer Wirtschaft ermöglichen (+2.0%). Voraussetzung ist, dass die geldpolitische Wende in den USA nicht zu grösseren globalen Verwerfungen führt und die Umsetzung Masseneinwanderungsinitiative ohne eine Aufkündigung der bilateralen Verträge mit der EU gelingt.

Die Schweizer Wirtschaft ist im 3. Quartal 2015 stagniert

Zwischen Juli und September 2015 hat sich die verhaltene Entwicklung der Schweizer Wirtschaft fortgesetzt. Zwar expandierten der private und öffentliche Konsum robust, doch von den Bruttoanlageinvestitionen gingen negative Impulse aus. Der Güteraussenhandel sorgte etwas überraschend für einen positiven Wachstumsbeitrag, dieser ist jedoch durch Preis- und Margenabschläge erkauft und zudem stark durch die rückläufigen Güterimporte geprägt. Insgesamt stagnierte das reale Bruttoinlandsprodukt im dritten Quartal.

Konjunkturelle Dynamik bleibt zum Jahreswechsel 2015/2016 hin verhalten

Im Winterhalbjahr 2015/16 dürfte die Dynamik der Schweizer Wirtschaft weiterhin bescheiden ausfallen. Zwar sendeten die realen arbeitstagbereinigten Güterexporte vom Oktober ein positives Signal. Vorlaufende Indikatoren zeigen jedoch an, dass der Frankenschock für die Schweizer Industrieunternehmen noch nicht überwunden ist: So sank beispielsweise der PMI für die Schweizer Industrie im November wieder knapp unter die Wachstumsschwelle von 50 Punkten (-0.9 auf 49.7 Punkte). Auch der anhaltende Lagerabbau und die schwache Importentwicklung vom dritten Quartal sprechen für pessimistische Zukunftserwartungen der Unternehmen, was sich in sinkenden Ausrüstungsinvestitionen in den nächsten Quartalen widerspiegeln dürfte.

Wirtschaftswachstum dürfte im 4. Quartal wieder positiv ausfallen

Besser als im Industriesektor ist die Lage bei den im Schnitt stärker auf das Inland fokussierten Dienstleistungsunternehmen. Gestützt durch die robuste Binnennachfrage lag der PMI im Dienstleistungssektor im November mit 55.9 Punkten klar im Wachstumsbereich. Zusammenfassend deuten die Konjunkturindikatoren auf ein zwar verhaltenes, aber zumindest positives Wachstum im vierten Quartal 2015 und im ersten Quartal 2016 hin.

Konjunktur soll sich im Jahresverlauf 2016 wieder beschleunigen

Ab dem zweiten Quartal 2016 wird die Schweizer Konjunktur nach und nach Fahrt aufnehmen. Rückenwind kommt dabei vom internationalen Umfeld: Vor allem in Deutschland, aber auch der übrigen Eurozone ist 2016 mit stärkeren Wachstumsraten als 2015 zu rechnen. Die Chancen stehen gut, dass der bislang stark konsumgetriebene Aufwärtstrend zunehmend auch die Investitionstätigkeit erfasst.

In den USA ist dank der guten Binnenkonjunktur weiterhin mit robusten Wachstumsraten zu rechnen. Im globalen Kontext gleicht die anziehende Konjunktur der Industrieländer die anhaltende Schwäche vieler Schwellenländer 2016 mehr als aus. Alles in allem dürfte somit das aussenwirtschaftliche Nachfragepotenzial nach Schweizer Gütern und Dienstleistungen 2016 kräftiger als 2015 ausfallen.

Starker Franken belastet die Exporteure weiterhin

Eine grosse Hürde für die Exporteure bleibt jedoch der starke Franken. Da die Europäische Zentralbank EZB Anfang Dezember beschlossen hat, das Quantitative Easing bis März 2017 zu verlängern, geht BAKBASEL davon aus, dass der Franken 2016 bei etwa 1.10 CHF/Euro verharren wird und erst ab dem zweiten Quartal 2017 zu einer allmählichen Abwertungsbewegung in Richtung 1.15 CHF/Euro Einzug hält. Wechselkursseitige Entlastung kommt jedoch weiter vom US-Dollar, welcher 2016 rund 7% gegenüber dem Franken aufwertet.

Schweizer Exporte expandieren vorerst nur schwach

Insgesamt prognostiziert BAKBASEL, dass die Schweizer Exporte von Gütern und Dienstleistungen 2016 mit 2.3% immer noch schwach, aber wieder etwas stärker als 2015 expandieren werden (2015: +1.1%). Der Druck auf die Gewinnmargen bleibt jedoch bestehen, was den Spielraum der Unternehmen für Investitionen einschränkt.

Für 2016 wird daher lediglich eine Zunahme der Ausrüstungsinvestitionen von 0.3% prognostiziert. Im Jahr 2017 dürften die Ausrüstungsinvestitionen dagegen wieder kräftig expandieren (+7.9%). Zum ersten sorgt die erwartete Abwertung des Frankens im Verbund mit der weiter anziehenden globalen Nachfrage für positive Impulse. Hinzu kommt der aufgestaute Nachholbedarf.

Bauinvestitionen dürften negative Veränderungsraten zeigen

Bei den Bauinvestitionen ist 2016 (-0.8%) wie schon 2015 (-1.0%) von negativen Veränderungsraten auszugehen. Neben den Auswirkungen der Zweitwohnungsinitiative sind hierfür Sättigungstendenzen nach dem Boom der letzten Jahre verantwortlich.

2017 ist mit einem Ende der Konsolidierungsphase zu rechnen (Bauinvestitionen +1.3%). Positiv wirken die anhaltende Zuwanderung, die allgemein helleren gesamtwirtschaftlichen Wachstumsperspektiven und das immer noch günstige Zinsumfeld.

Privater Konsum bleibt eine wichtige Stütze

Der private Konsum bleibt eine wichtige Wachstumsstütze. Die tiefen Rohstoffpreise und der wechselkursbedingte Kaufkraftgewinn ermöglichen ein schwungvolles Wachstum der real verfügbaren Einkommen. Hinzu kommt die nach wie vor rege Zuwanderung.

Allerdings wird die Konsumdynamik 2016 durch den erwarteten Anstieg der Arbeitslosenzahlen gedämpft. Für den Jahresdurchschnitt 2016 prognostiziert BAKBASEL einen Anstieg der Arbeitslosenquote auf 3.6% (2015: 3.3%). Bis zum Jahresende 2017 dürfte die Arbeitslosenquote jedoch wieder auf etwa 3.4% sinken. Insgesamt wird der private Konsum 2016 erneut um 1.2% expandieren. Für 2017 wird im Verbund mit der kräftigeren Konjunktur und den wieder aufgehellten Arbeitsmarkperspektiven ein beschleunigtes Wachstum von 1.7% erwartet.

Wende in der US-Geldpolitik gilt als globaler Risikofaktor

In der Basisprognose wird eine Belebung der Schweizer Konjunktur im Jahresverlauf 2016 prognostiziert. Allerdings sind sowohl die Schweizer Wirtschaft als auch die Weltwirtschaft weiterhin anfällig für Rückschläge. Das gilt vor allem im Hinblick auf politische Entscheide.

Ein Risikofaktor im internationalen Kontext ist die für Mitte Dezember erwartete Leitzinserhöhung in den USA. BAKBASEL geht grundsätzlich davon aus, dass dieser Schritt von den globalen Märkten bereits eingepreist ist und daher nicht zu grösseren Turbulenzen führen wird. Die Erfahrung des "Taper Tantrums" des Jahres 2013 zeigt jedoch, dass allein die Ankündigung einer geldpolitischen Trendwende zu Kapitalabflüssen und einem Anstieg der Risikoprämien in Schwellenländern führen kann. Es bleibt daher abzuwarten, wie die Märkte auf die erste tatsächliche Leitzinserhöhung in den USA seit 2004 reagieren werden.

US-Zinswende könnte deutlich stärkere Frankenabwertung bewirken

Für die Schweiz beinhaltet die geldpolitische Trendwende der USA jedoch durchaus auch positive Risiken. Durch die US-Zinswende verliert der Franken weiter an Attraktivität und dieser Effekt könnte im gesamten Währungsgefüge eine deutlich stärkere Frankenabwertung bewirken, als wir es in unserem Basisszenario unterstellen.

Masseneinwanderungsinitiative gefährdet den bilateralen Weg

Die Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative (MEI) bleibt der grösste inländische Unsicherheitsfaktor. Die vergangene Woche bekannt gewordenen Pläne des Bundesrates zur Umsetzung (Stichwort: Schutzklausel) deuten darauf hin, dass versucht wird, die Umsetzung der MEI flexibel an den Bedürfnissen der Schweizer Wirtschaft auszurichten. Es ist jedoch nach wie vor offen, ob eine Einigung mit der EU erreicht werden kann und ob die EU bereit ist, eine Schutzklausel im Rahmen des Personenfreizügigkeitsabkommens zu akzeptieren.

Scheitern die Verhandlungen und kommt es sogar zu einer Aufkündigung der Bilateralen Verträge, würde dies die Aussichten für die Schweizer Wirtschaft sowohl kurz als auch langfristig deutlich eintrüben. Kurzfristig würde vor allem die für den späteren Jahresverlauf 2016 und das Gesamtjahr 2017 erwartete Wiederbelebung der Schweizer Investitionen entfallen. Die negative Wirkung würde sich aber bei weitem nicht auf eine deutlich gedämpfte oder ganz ausbleibende konjunkturelle Erholung beschränken. Wie BAKBASEL in einer jüngst veröffentlichten Studie zeigt, stehen im langfristigen Schnitt rund 0.4 Prozentpunkte gesamtwirtschaftlichen Wachstumspotenzials auf dem Spiel.

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