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Altersvorsorge 2020: Der Pensionskassenverband wertet die Reform positiv

Donnerstag, 06.07.2017

Schweizer Stimmbürger stimmen am 24. September 2017 über die Altersvorsorgereform ab. Angesichts der Komplexität der Materie bezieht der ASIP Stellung dazu und weist auf die «konkreten Auswirkungen der Reform» für die Versicherten hin.

Wie eine durch den Schweizerischen Pensionskassenverband ASIP in Auftrag gegebene Umfrage zeigt, haben die Versicherten grosses Vertrauen in ihre eigene Pensionskasse. Der allgemeine Wissensstand, etwa zum Umwandlungssatz, ist aber nach wie vor tief. Fakt ist, dass die Vorlage «Altersvorsorge 2020» aus zwei Teilen besteht, die jedoch miteinander verknüpft sind. Wichtig ist laut ASIP zu wissen, dass die beiden Vorlagen nur gemeinsam in Kraft treten können. Es braucht also die Zustimmung zu beiden Teilen.

Primäres Ziel der im Parlament beschlossenen Kompromissvorlage ist, AHV (1. Säule) und berufliche Vorsorge (2. Säule) bis ca. 2030 (bis dann muss eine nächste Vorlage greifen) zu stabilisieren. Das heutige Leistungsniveau soll dabei insgesamt erhalten bleiben, und zwar sowohl für bestehende als auch für zukünftige Rentenbeziehende.

Dank MWSt-Erhöhung kann die AHV bis 2030 stabilisiert und gesichert werden

Der Bundesbeschluss über die Zusatzfinanzierung der AHV durch eine Erhöhung der Mehrwertsteuer umfasst eine Erhöhung der Mehrwertsteuer in zwei Schritten, um insgesamt 0.6 Prozentpunkte. Per 1.1.2018 sollen die bereits heute für die IV anfallenden, aber aufgrund der auslaufenden Zusatzfinanzierung Ende 2017 freiwerdenden 0.3% Mehrwertsteuer in die AHV umgeleitet werden. Dieser erste Schritt wäre somit nicht direkt spürbar, denn der ordentliche MWSt-Satz bliebe bei 8%. Spricht sich das Stimmvolk dagegen aus, entfallen diese 0.3% sofort, und der allgemeine MWSt-Satz müsste Ende 2017 auf 7.7% gesenkt werden – eine laut ASIP administrativ aufwändige und teure Übung.

In einem zweiten Schritt soll die Mehrwertsteuer per 1.1.2021 um weitere 0.3% erhöht werden – nach erfolgter Harmonisierung des Referenzrücktrittsalters von Mann und Frau bei 65 Jahren. Der ordentliche MWSt-Satz würde dann 8.3% betragen. Mit dieser Lösung kann die AHV bis 2030 stabilisiert und gesichert werden, sagt der ASIP. Dieser Bundesbeschluss brauche aber zwingend die Zustimmung von Volk und Kantonen.

Bundesgesetzes über die Reform der Altersvorsorge

Im Rahmen des Bundesgesetzes über die Reform der Altersvorsorge würden insbesondere die AHV und die berufliche Vorsorge (BVG) revidiert. Der ASIP weist darauf hin, dass zurzeit eine Unterschriftensammlung von einzelnen Organisationen für ein Referendum gegen dieses Gesetz laufe. Im Falle des erfolgreichen Referendums sei aber ebenfalls über das Gesetz abzustimmen.

Gemeinsames Rentenalter 65 für Mann und Frau

Beim Gesetz geht es gemäss ASIP um mehrere massgebliche Punkte. So etwa um die Einführung des gemeinsamen Referenzrentenalters für Mann und Frau von 65 Jahren sowie um die Möglichkeit des flexiblen Rentenbezugs zwischen Alter 62 und 70, bzw. einer Teilpensionierung. Das heutige Frauenrentenalter 64 soll ab 1.1.2018 bis 1.1.2021 um jeweils drei Monate pro Jahr auf 65 Jahre erhöht werden. Dies gilt für die AHV und die Mindestvorsorge gemäss BVG.

Neu sind der flexible Rentenbezug zwischen Alter 62 und 70 sowie eine Teilpensionierung möglich

Neu eingeführt würde die Möglichkeit des flexiblen Rentenbezugs zwischen Alter 62 und 70 Jahren. Ebenfalls ermöglicht werden soll eine Teilpensionierung in beiden Säulen. In der beruflichen Vorsorge würden Pensionskassen eine Vorpensionierung ab Alter 60 anbieten können, sofern das Rücktrittsalter nicht über 65 Jahren liegt. Ein Rentenvorbezug würde nach einer gesetzlichen Übergangsfrist von fünf Jahren aber erst ab Alter 60 statt wie heute ab Alter 58 Jahre möglich.

BVG-Umwandlungssatz im Obligatorium wird auf 6% gesenkt

Weiter soll der BVG-Umwandlungssatz im Obligatorium von heute 6.8% über vier Jahre, also ab 1.1.2019 bis 1.1.2022, schrittweise um 0.2 Prozentpunkte pro Jahr auf 6% gesenkt werden. Dies bedeutet laut ASIP, dass die BVG-Rente ohne weitere Massnahmen pro 100 000 Franken angespartem Alterskapital um rund 12% von 6 800 auf 6 000 Franken sinken würde. Direkt betroffen wären nur die Versicherten reiner BVG-Minimalkassen oder Kassen mit nur leicht überobligatorischen Vorsorgeplänen.

Heutiges Rentenniveau bleibt erhalten

Mit den nachfolgend erklärten Ausgleichsmassnahmen im BVG (Reduktion des Koordinationsabzuges, angepasste Altersgutschriftensätze und Leistungsgarantie für die Übergangsgeneration) soll allerdings sichergestellt werden, dass das heutige Rentenniveau der Minimalvorsorge erhalten bleibt. Laufende Renten würden ebenfalls keine Anpassung erfahren.

Die heutigen BVG-Leistungen werden mit folgenden Ausgleichsmassnahmen sichergestellt:

 

  • Der Koordinationsabzug wird reduziert und beträgt neu 40% des AHV-Lohnes, mindestens jedoch 14 100 Franken und höchstens 21 150 Franken. Dadurch steigt insbesondere der versicherte Lohn für tiefe und mittlere Einkommen (etwa von Teilzeitbeschäftigten), was zu höheren Altersgutschriften führt und dadurch dem Erhalt des Rentenniveaus dient.
  • Für die Altersgruppen zwischen 35 und 54 Jahren werden die Altersgutschriften leicht erhöht: 25-34 Jahre: 7%, 35-44 Jahre: 11% (+1%), 45-54 Jahre: 16% (+1%), 55-65 Jahre: 18%.
  • Für die Übergangsgeneration, also für alle Versicherten, die am 1.1.2019 das 45. Altersjahr, vollendet haben (Jahrgang 1973 und älter), sind Ausgleichsmassnahmen vorgesehen: Innerhalb des Obligatoriums wird mit Zuschusszahlungen über den Sicherheitsfonds sichergestellt, dass deren künftige Rente bei Erreichung des 65. Altersjahres trotz der Reduktion des BVG-Umwandlungssatzes mind. der Rente entspricht, die sie mit dem heutigen BVG-Umwandlungssatz von 6.8% erhalten würden.
  • Für Neurentner mit Pensionierung ab 1.1.2018 werden die AHV-Renten bei einer vollen Versicherungsdauer von 44 Jahren ab 1.1.2019 um fix 70 Franken monatlich erhöht. Neu beträgt der Plafond für die Ehepaarrente 155% (statt 150%) der einfachen AHV-Altersrente, so dass das Maximum von 3 525 auf 3 751 Franken steigt. Zuschlag und Plafond-Erhöhung werden durch Erhöhung der AHV-Lohnbeiträge um 0.3%-Punkte ab 2021 finanziert (Arbeitnehmer und Arbeitgeber bezahlen je 0.15%). 

So wirkt sich die Reform finanziell auf die Versicherten aus

Das Bundesamt für Sozialversicherungen dokumentiert anhand von Fallbeispielen, wie sich die Renten und Beiträge sowie die Belastung durch die Mehrwertsteuer verändern werden («Fallbeispiele zu den finanziellen Auswirkungen auf die Versicherten» vom 27.06.2017 unter diesem Link). Es berücksichtigt alle Massnahmen der Reform, die für die Versicherten und die Pensionierten zu höheren Einnahmen oder Ausgaben führen.

Ja und Nein zur Rentenreform haben Konsequenzen

Ein Ja zum Rentenkompromiss führt dazu, dass 

  • ein gemeinsames Referenzrentenalter 65 für Mann und Frau festgelegt wird
  • ein flexibler Rentenbezug in Bezug auf Zeit und Umfang in erster und zweiter Säule ermöglicht wird
  • der BVG-Umwandlungssatz an die Realität angepasst wird
  • und damit die heute oft bestehende Umverteilung von aktiven Versicherten zu Rentenbezügern reduziert wird
  • AHV und berufliche Vorsorge zu vertretbaren Mehrkosten bis ca. 2030 finanziell stabilisiert werden
  • unter Beibehaltung des gesetzlichen Leistungsniveaus. 

Ein Nein zum Rentenkompromiss würde 

  • die jährlichen AHV-Defizite weiter ansteigen lassen, da eine Zusatzfinanzierung fehlt
  • die Umverteilung im BVG von den Jüngeren zu den Rentenbeziehenden für die nächsten Jahre zementieren
  • schwierige politische Diskussionen über die Interpretation des Ergebnisses auslösen
  • und schliesslich zu einem politisch langwierigen Seilziehen um sozialpolitisch mehrheitsfähige Lösungen führen.

Bei Annahme tritt die Vorlage in weiten Teilen per 1. Januar 2018 in Kraft

Der ASIP empfiehlt den Pensionskassen, den allfälligen Handlungsbedarf zusammen mit den Pensionskassen-Experten bezüglich notwendiger Anpassungen im Reglement zu prüfen, etwa die Konsequenzen, die sich aus der Erhöhung des gesetzlichen Frauenrentenalters ergeben würden.

Pensionskassen müssen den Handlungsbedarf frühzeitig definieren

Da insbesondere die im Zusammenhang mit der Senkung des BVG-Umwandlungssatzes massgebenden Bestimmungen ein Jahr später in Kraft treten, besteht für die Anpassung der Verwaltungslösung etwas mehr Zeit. Gleichwohl macht es laut ASIP Sinn, den Handlungsbedarf per 1. Januar 2019 frühzeitig zu definieren. Im Vordergrund stünden die Anpassung der BVG-Schattenrechnung sowie die Weiterführung der bisherigen BVG-Schattenrechnung für die Sicherstellung der Leistungsgarantie. Je nach aktuellem Vorsorgeplan würden sich möglicherweise auch weitere Plananpassungen ergeben.

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